Rhöndorfer Ausgabe Online

13. Juli 1946 (Rhöndorf)

An Erzbischof Josef Kardinal Frings

, Köln-Bayenthal

StBKAH 07.10


Sehr verehrte Eminenz!

Soeben erhalte ich Ihren Brief vom 10. d. Mts. Die Bemerkung des Professor Barth1 ist ungezogen2. Übrigens habe ich Herrn Professor Barth vor einiger Zeit getroffen3 und war von der Persönlichkeit wenig angetan. Darüber, ob man soweit gehen soll, daß man alle Themata, die allgemein weltanschauliche oder philosophische Dinge betreffen, ausschalten muß, weiß ich nicht. Ich werde mir erlauben, darüber mit Ihnen zu sprechen und meine Meinung auseinanderzusetzen.

Ich bin vergangene Nacht von Hamburg zurückgekommen und hatte vor, Sie nächste Woche um eine Unterredung zu bitten, da ich das Bedürfnis habe, über verschiedene Fragen mit Ihnen zu sprechen. Leider kann ich meinen Vorsatz nicht ausführen, da ich mit größter Wahrscheinlichkeit zu einer Verhandlung nach Berlin gebeten werde, zu der ich am Montag, den 15. d. Mts., hinfliegen muß und die 8-14 Tage dauern soll4. Ich bitte, diese Nachricht streng vertraulich zu behandeln!

Ich werde sofort nach meiner Rückkehr mich mit Ihnen in Verbindung setzen und bin bis dahin mit verehrungsvollsten Grüßen
Ihr
(Adenauer)


  1. ^

    Barth, dem Anschreiben des Kardinals zufolge, bei einer Veranstaltung der Kölner Gesellschaft für Christliche Kultur: »sowohl der ›unfehlbare‹ Papst wie die evangelische Kirche hätten gegenüber dem Dritten Reich versagt.« Über die Vorbereitungen der Veranstaltung war Adenauer am 20.6.1946 von Hans Melchers informiert worden (»Ich habe mich vergebens bemüht, Guardini oder Reinhold Schneider zu gewinnen, besonders um gegen Karl Barth ein katholisches Gegengewicht zu haben«; StBKAH 07.11). Zur Position Barths in der unmittelbaren Nachkriegszeit vgl. Diether Koch, Heinemann und die Deutschlandfrage, München 1972, S. 39-41, 66f

  2. ^

    Hierzu vgl. Rudolf Morsey, Adenauer und Kardinal Frings, S. 490

  3. ^

    Zu diesem Treffen konnten keine Angaben ermittelt werden.

  4. ^

    Zur Flugreise Adenauers nach Berlin (wo er, Kurt Schumacher und Jakob Kaiser über die Schaffung des Landes Nordrhein-Westfalen informiert wurden) vgl. den Bericht Adenauers vor dem CDU-Zonenausschuss am 1.8.1946 (Druck: Helmuth Pütz [Bearb.], Konrad Adenauer, S. 166f.) sowie Konrad Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 98f. Vgl. ebenfalls hierzu: Walter Först, Geschichte S. 155-165; ders., Aus der Frühzeit der Landeshauptstadt, in: ders. (Hg.), Land und Bund, S. 123-143 und Detlev Hüwel, Karl Arnold, S. 102f. sowie das Schreiben an Otto Schmidt vom 31.7.1946.