Rhöndorfer Ausgabe Online
An Regierungsbaurat Dr. Friedrich Spennrath
, Berlin-ZehlendorfStBKAH 07.03
In diesen Tagen erhielt ich Ihren Brief vom 16.2.462. Es war der erste Brief, den ich von Ihnen bekam. Ich danke Ihnen herzlich dafür. Ich war über Ihr und Ihrer Familie Geschick durch Herrn Giesen unterrichtet. Seien Sie überzeugt, daß wir großen Anteil genommen haben. Ich hörte auch vor etwa 14 Tagen durch Herrn Notar Linz von Ihren Bemühungen zum Wiederaufbau der AEG. Im Sommer hat mich auch Herr Geheimrat Bücher aufgesucht. Wie es hier aussieht, werden Sie ja inzwischen auch wohl gehört haben. Ich bin seit Dezember sehr stark politisch tätig, Mitglied des Zonenbeirats in Hamburg, Vorsitzender des Zonenausschusses der CDU für die brit. Zone und Vorsitzender der Landespartei der CDU Rheinprovinz. Leider bin ich sehr wenig in Rhöndorf. Meine Frau ist seit ihrer Verhaftung im Sept. 44 leidend. Es geht ihr aber langsam besser. Gestern war Herr Jakob Kaiser hier3. Mit ihm habe ich mich ausführlich ausgesprochen. Sie werden sicher Gelegenheit haben, ihn zu sehen, und hören dann von ihm manches, was Sie interessieren wird.
Konrad ist stellvertretendes Vorstandsmitglied des RWE in Köln. Brecht ist fort und verhaftet, Schreiber ist ebenfalls nicht zugelassen. Mein Sohn Max ist bei Klöckner-Humboldt in Deutz. Das Unternehmen hat sehr schwer gelitten. Paul studiert in Bonn Theologie. Den übrigen Kindern geht es auch gut.
Darf ich die Gelegenheit benutzen, Ihnen Dr. Leopold, Berlin-Lichterfelde, Neuchatellerstr. 8, der früher im Reichswirtschaftsrat mit Major Schliebusch gewesen war, zu empfehlen4. Er war Muß-Pg und muß infolgedessen zurzeit dort als Hilfsarbeiter arbeiten. Er möchte gern irgend eine Förderung. Er ist ein kluger und geschickter Mann, und ich denke, daß Sie ihn in Ihrem Betrieb nutzbringend würden verwenden können. Bitte, geben Sie doch von Zeit zu Zeit Nachricht, wie es Ihnen geht. Ich werde dasselbe auch von hier tun.
Seien Sie mit den Ihrigen herzlichst von uns gegrüßt
Ihr
A
Zu Spennraths Zusammenarbeit mit Adenauer vor 1933 vgl. Klaus Pabst, Adenauers Personalpolitik, S. 267-269.
Hierin Informationen über die schwierigen Nachkriegsverhältnisse der AEG: »Ihre heutige Leistungsfähigkeit beträgt 8-10 % der vor dem Zusammenbruch. Neben der Zerstörung der Gebäude ist dies in überwiegendem Maße auf die Entnahme der Werkzeugmaschinen, der Werkzeuge, der Fertig- und Halbfabrikate zurückzuführen. Wir versuchen, aus den Trümmern, die uns verblieben sind, ein neues Fundament für den Wiederaufbau einer bescheidenen AEG zu finden.«
In diesem für Kaisers und Adenauers Itinerar bedeutsamen Detail ist Werner Conzes Darstellung ihrer Kontaktaufnahme im Frühjahr 1946 zu korrigieren (Jakob Kaiser, S. 77: daran angelehnt: Klaus Dreher, Der Weg, S. 202), Kaiser sei bei seiner ersten Nachkriegsreise in den Westen am 14.3.1946 in Köln eingetroffen, habe tags darauf noch Heinrich Strunk nach Essen geschrieben »Nun fahre ich gleich zu Konrad Adenauer nach Rhöndorf«, dann jedoch »diese Absicht nicht unmittelbar durchführen können, wobei nicht mehr festzustellen ist, ob Adenauer versucht hat, die Unterredung mit Kaiser hinauszuzögern…« . (Vgl. Anm. 2 im Schreiben an die Teilnehmer eines bizonalen CDU/CSU-Treffens in Stuttgart vom 8.4.1946).
Hierzu – ebenfalls vom 16.3.1946 – ein direkt an Leopold gerichtetes Empfehlungsschreiben Adenauers (StBKAH 07.02); vgl. den auf eine Aussage von Max Adenauer gestützten Hinweis auf Leopold bei Paul Weymar, Adenauer, S. 246.