Rhöndorfer Ausgabe Online
An Dr. Carl Diem
, Berlin-GrunewaldStBKAH 07.01
Sehr geehrter Herr Diehm [!]
Von ganzem Herzen habe ich mich gefreut, als ich Ihren Brief vom 7.d.Mts. erhielt. Ich freue mich, daß Sie und Ihre Familie den Krieg glücklich überstanden haben und daß Sie auch einigermaßen arbeiten können.
Wie Sie sich denken können, haben wir schwere Zeiten hinter uns. Ich bin mehrfach verhaftet gewesen usw. Schließlich war unser friedliches Rhöndorf auch noch mehrere Tage mitten im Kampf. Es geht uns aber allen einigermaßen. Ich habe mich in das parteipolitische Leben hineinbegeben müssen, sehr ungern und sehr wider Willen. Aber es blieb nichts anderes übrig! Mein jetziges Leben ist recht unruhig und recht anstrengend.
Ich freue mich, daß meine Ausführungen Ihren Beifall gefunden haben. Ich unterlasse niemals, darauf hinzuweisen, daß die Ostfrage noch geregelt werden muß.
Die Stellungnahme der Berliner CDU in der Bodenreformfrage bedauere ich. Sie wird in keiner Weise von uns geteilt. Es bestehen zwischen den Auffassungen der Berliner CDU und unseren Auffassungen nach mancher Hinsicht Unterschiede, wie sie sich ja wohl aus dem verschiedenen Klima ergeben.
Es würde mich sehr freuen, wenn wir uns einmal wiedersehen könnten1
Mit herzlichen Grüßen wie immer
Ihr sehr ergebener
(Adenauer)
Zu den späteren Kölner Kontakten zwischen Adenauer und Diem vgl. das Schreiben an Josef Schnippenkötter vom 7.9.1946.