Rhöndorfer Ausgabe Online

3. Juni 1946 (Rhöndorf)

An Oberpräsident Dr. Robert Lehr

, Düsseldorf

StBKAH 08.20, mit ms. Vermerk »Persönlich!«, Durchschlag an Karl Arnold


Sehr geehrter Herr Oberpräsident!

Ich nehme Bezug auf die Mitteilung, die Sie mir vor einigen Tagen im Zonenbeirat in Hamburg machten dahingehend, daß die britische Militärregierung Ihnen die Wahl freigestellt habe, politischer Oberpräsident oder 1. Fachbeamter des Oberpräsidiums zu werden, und daß Sie sich gegenüber der englischen Militärregierung für das Erstere entschieden hatten1. Mit welchem Beauftragten der Militärregierung Sie gesprochen haben, haben Sie mir bei dieser Gelegenheit nicht gesagt.

Da wir im Zonenbeirat nicht ungestört sprechen konnten, muß ich schriftlich folgende Darlegungen machen:

1) Wir, d. h. die CDU, wissen nicht, wie die Trennung der Obliegenheiten zwischen dem politischen Oberpräsidenten und dem 1. Fachbeamten – Sie nannten keinen Titel für ihn – gedacht ist. Ich würde Ihnen dankbar sein, wenn Sie uns möglichst bald hierüber so ausführlich unterrichten würden, wie das möglich ist.

2) Ich habe Ihre Mitteilung so aufgefaßt, als ob die britische Militärregierung Sie ohne Befragung der Parteien zum Oberpräsidenten ernennen würde. Ist das richtig? Und wenn ja, wie soll es dann mit der Besetzung des 1. Fachbeamten gehalten werden?

3) Es ist wohl klar, daß, vom parteipolitischen Standpunkt aus betrachtet, wenn eine Partei die Wahl hat, ob sie für den ersten oder zweiten Posten einen Kandidaten präsentieren kann, [sie] sich zunächst darüber klar sein muß, welcher Posten für sie der wichtigere ist.

Ich würde es begrüßen, wenn Sie mir auch hierüber Ihre Ansicht möglichst bald mitteilen würden2.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr sehr ergebener
(Adenauer)


  1. ^

    Vgl. Peter Hüttenberger, Nordrhein-Westfalen, S. 214.

  2. ^

    Die Antwort Lehrs vom 6.6.1946 enthält nähere Angaben über die in Hamburg geführten Gespräche (unter anderem mit Barraclough), die »m. E. vorbereitenden Charakter für die von der Militärregierung vorgesehene unmittelbare Fühlungnahme mit den Parteiführern« gehabt hätten; von der »wahrscheinliche[n] Trennung der Befugnisse« verspreche er sich selbst, »wieder durch Einsatz auch innerhalb der CDU die Ziele … verfolgen [zu können], die mir mit der Förderung der CDU am Herzen liegen…«