Rhöndorfer Ausgabe Online
An Rechtsanwalt Dr. Otto Schmidt
, Wuppertal-BarmenLAV NRW R, RWN 0119/1 auf Kopfbogen des CDU-Zonenausschusses, Diktatzeichen »A/S«
Sehr geehrter Herr Dr. Schmidt!
Einige Stunden vor der Abfahrt zum Zonenausschuß beantworte ich Ihr Schreiben vom 29.7.461. Die Mitteilung des »Rhein-Echo« ist falsch. Es ist mit mir nicht über die Ministerpräsidentenfrage verhandelt worden2, wohl dagegen bin ich am 15.7.1946 kurzfristig nach Berlin zu Generalleutnant Robertson mit dem Flugzeug geholt worden, ohne daß ich wußte worum es sich handelte. Generalleutnant Robertson eröffnete Herrn Dr. Schumacher, Herrn Kaiser und mir – sonst war niemand von den politischen Parteien anwesend – die Bildung des neuen Landes Nordrhein-Westfalen und gab die Begründung, wie Sie diese auch in der Presse gelesen haben. Außer den vor genannten Herren waren zugegen Herr Dr. Löns als mein Begleiter und der Begleiter des Herrn Dr. Schumacher. Generalleutnant Robertson teilte mir mit, daß er die Absicht habe, bis zu den Wahlen im Frühjahr eine möglichst parteipolitisch nicht gebundene Persönlichkeit zum Ministerpräsidenten zu berufen.
Herr Amelunxen gehört weder der CDU noch dem Zentrum an. Ob er stärker zum Zentrum neigt, entzieht sich meiner Kenntnis. Von der CDU Westfalen wird er nicht geschätzt. Es ist richtig, daß er im Oberpräsidium Münster verschiedenen Zentrumsleuten maßgebende Stellungen eingeräumt hat.
Im übrigen bemerke ich, daß bislang keine Entscheidungen bezüglich der Kabinettsbildung gefallen sind. Ich habe gestern die Fraktion des Provinzialrates in Düsseldorf zusammengerufen zur Beratung. Dasselbe geschieht in Westfalen. Je 5 Fraktionsangehörige aus Westfalen und Rheinland werden demnächst zusammentreten zur Beratung. Mit Herrn Gronowski stehe ich in persönlicher Verbindung. An der Fraktionssitzung nahm auch Herr Albers als Mitglied der Fraktion teil. Ich sehe Sie am 7. August in Köln. Bis zum 4. August bin ich in Neuenkirchen und Recklinghausen.
Mit freundlichem Gruß
(Dr. Adenauer)