Rhöndorfer Ausgabe Online
An Oberbürgermeister Friedrich Holzapfel
, HerfordStBKAH 08.57, Entwurf mit hs. Korrekturen Adenauers
Gestern empfing ich ein Schreiben der Kontroll-Kommission vom 4.2.46, das ich in Übersetzung beifüge2. Es handelt sich offenbar um einen mehrtägigen Aufenthalt in Hamburg, so daß m. E. wohl nur Parteifreunde, die in Hamburg oder Umgebung wohnen, in Frage kommen können. Ich habe mich deswegen telegrafisch an Herrn Dr. Arthur Ruppert3 , Hamburg-Blankenese, Frensenstr. 90, gewandt und ihn gebeten, die 30 Minuten Rede zu übernehmen4. Herr Dr. Ruppert war, wie Sie sich vielleicht erinnern werden, einer der beiden Hamburger Journalisten, die als Gäste auf unserer Tagung in Herford anwesend waren. Er machte einen guten Eindruck. An der Beratung im Programmausschuß hat er sich rege beteiligt. Der Rede dürfte der Entwurf eines Programms, den ich dem Programmausschuß in Herford vorgelegt habe und der in den wesentlichsten Punkten dessen einmütige Zustimmung gefunden hat, zugrunde zu legen sein5.
Ich würde es begrüßen, wenn die zweite Rede von 15 Minuten Dauer, wenn eben möglich, eine evangelische Frau halten würde. Mir wurde als dafür geeignet genannt: Frau Oberschulrätin Emmi Beckmann, Hamburg. Sie sei früher Demokratin gewesen, ob sie jetzt zur CDU gehöre, wisse man nicht. Können Sie mir evtl. jemand anders vorschlagen für diese zweite Rede, die natürlich auch auf dem Boden des Programm-Entwurfs stehen müßte und den von dem ersten Redner gemachten Ausführungen nicht widersprechen dürfte.
Wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit bitte ich um möglichst baldige Antwort.
Einen Ersatz für Herrn v. Gumppenberg werde ich voraussichtlich in diesen Tagen finden.
Mit ergebenen Grüßen
Ihr
Angaben zur Beteiligung Holzapfels an der Unionsgründung bei Hans Georg Wieck, Die Entstehung, S. 116f., 122 und Leo Schwering, Frühgeschichte, unter anderem S. 113-115
Mit diesem Schreiben hatte Noel G. Annan mitgeteilt, »daß für jede Partei Vorkehrungen getroffen werden, in Hamburg über den Rundfunk zu sprechen.« CDU, SPD, KPD und FDP stünden für Anfang März je zwei Rundfunkübertragungen zu, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Wahlprogramm »vor der Wählerschaft an die Öffentlichkeit zu bringen.« (Die in diesem Schreiben enthaltene Bitte, »sich ganz besonders an Tatsachen zu halten«, wurde von Adenauer gestrichen und durch den hs. Zusatz »vor allem konstruktiv zu sein« ersetzt.)
Seine ›erste programmatische Rede über den NWDR‹ (Hans-Peter Schwarz, Vom Reich, S. 430) hielt Adenauer am 6.3.1946; Druck: Rundfunkrede des 1. Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union in der britischen Zone, Oberbürgermeister a. D. Dr. Konrad Adenauer, über das Programm der CDU, gehalten am 6. März 1946 über den Nordwestdeutschen Rundfunk, Köln 1946.
Zu Arthur Ruppert, einem aus Gelsenkirchen stammenden Journalisten und Mitbegründer der CDU in Hamburg, Angaben bei Hans Georg Wieck, Die Entstehung, S. 184, 186, 188. Hinweise auf seine (im nachfolgenden angesprochene) Teilnahme an der Zonenausschussß-Tagung in Herford (Beschluß der »Herausgabe einer Parteikorrespondenz«) bei Helmuth Pütz (Bearb.), Konrad Adenauer, S. 114
Ebenfalls in StBKAH 08.57 erhalten: Text dieses Telegramms und eines weiteren, am 14.2.1946 aufgegebenen Telegramms: »Mein Telegramm wegen Rundfunkrede ist gegenstandslos geworden«.
Vgl. hierzu Rudolf Morsey, Konrad Adenauer und die Gründung, S. 106.