Rhöndorfer Ausgabe Online
An Landrat Wilhelm Heile
, SykeStBKAH 08.68
Sehr geehrter Herr Heile!
Vom Oberpräsidium in Düsseldorf aus ließ ich Ihnen in der vergangenen Woche telefonieren, daß ich Ihnen zu einer Besprechung in Opladen in der mit dem 18. Februar beginnenden Woche gern zur Verfügung stünde1. Da ich in der Zwischenzeit nichts von Ihnen gehört habe, nehme ich an, daß Sie verhindert waren. Ich möchte Ihnen aber meine Dispositionen für die nächste Zeit mitteilen, um so doch eine baldige Zusammenkunft zu ermöglichen. Vom 26.2. bis 1.3. habe ich Tagung des Zonenausschusses in Neheim-Hüsten2 In der folgenden Woche bin ich am 4., 5., 6., 8. und 9.3. besetzt. Ich kann noch verfügen über den 7.3. Ich würde mich freuen, wenn wir bald zusammenkommen würden. Ich hoffe, daß mein ausführlicher Brief vom 14.2. inzwischen bei Ihnen eingegangen ist. In der Anlage sende ich Ihnen zur ganz vertraulichen Kenntnisnahme Durchschlag einer Rede, die ich in kürzerer Form Anfang März über den Hamburger Sender halten werde. Ich bitte, diese Rede, die zurzeit der brit. Zensur vorliegt, absolut vertraulich zu behandeln. Sie beruht nicht etwa auf einem Beschluß der Partei, weil keine Zeit mehr dazu war, ihre Zustimmung herbeizuführen. Die Brit. Militärregierung verlangte plötzlich die Abhaltung einer programmatischen Rede Anfang März und Einreichung des Textes 14 Tage vorher für die Zensur. Aber ich zweifle nicht, daß diese Rede in allen wesentlichen Punkten die Ansicht der maßgebenden Kreise unserer Partei wiedergibt. Sie ersehen aus dieser Rede, wo wir stehen und unsere Absichten. Ich hoffe, daß sie in allen wesentlichen Punkten Ihren Beifall findet. Weil auch nach meiner Meinung – das ist ja auch die Ihrige, das für die Zukunft die Scheidung zwischen Anhängern einer materialistischen Weltanschauung und den Gegnern der materialistischen Weltanschauung absolut nötig ist, und es weiter nötig ist, alle Gegner der materialistischen Weltanschauung zu sammeln, lege ich so großen Wert darauf, daß wir uns zusammenschließen. Ich darf Ihnen versichern, daß die Freiheit des Einzelnen auch für uns ein Moment von größter Bedeutung ist, daß jede Uniformierung und Unterdrückung uns völlig fern liegt. Es ist ganz selbstverständlich, daß auch diejenigen uns als Mitglieder willkommen sind, die ohne eine bestimmte konfessionelle Bindung allgemein auf dem Boden der christlichen Weltanschauung und der christlichen Ethik stehen und deren politisches Handeln sich von hier aus bestimmt.
Mit ergebensten Grüßen Ihr
N.S. Inzwischen erhielt ich die Mitteilung, daß Sie am 2. und 3. März in Bonn seien. Ich habe Ihnen darauf telegrafiert, daß mir eine Besprechung am 2. März in Rhöndorf sehr angenehm sein würde. Wenn Sie einen Ihrer Herren mitbringen wollen, so ist er natürlich auch willkommen. Am besten würde die Besprechung wohl Samstag, den 2.3. vormittags sein, zu einer möglichst frühen Stunde, vielleicht 9 1/2 Uhr, weil ja Samstags nachmittags ab 6 Uhr kein Auto mehr fahren darf. Wenn Sie kein Auto zur Verfügung haben, so wird sicher die Bonner Stadtverwaltung, insbesondere Herr Beigeordneter Rott, sich bemühen, Ihnen zu helfen. Da dieser Brief Sie nicht mehr vor Ihrer Abreise erreichen kann, sende ich ihn nach Bonn an die Adresse des Herrn Beigeordneten Rott mit der Bitte, ihn Ihnen über einen Ihrer dortigen Parteifreunde vor Ihrem Eintreffen in Rhöndorf zukommen zu lassen.
D.O.
Vgl. hierzu das Schreiben an Wilhelm Heile vom 14.2.1946 und Anm. 3 des Schreibens an Karl Scharnagl vom 7.2.1946. Ergänzend hierzu ein am 23.2.1946 aufgegebenes Telegramm Adenauers an Heile: »Vorschlage zur Besprechung 2. März nachmittags Rhöndorf, Stop, Ruft vorher telefonisch an Honnef 867«.
Zur CDU-Zonenausschusstagung in Neheim-Hüsten, bei der Adenauer zum Vorsitzenden der CDU der britischen Zone gewählt wurde, vgl. das Tagungsprotokoll bei Helmuth Pütz (Bearb.), Konrad Adenauer, S. 122-130 sowie vor allem Adenauers eigene Darstellung, besonders der dortigen Programmdiskussion (die am 1.3.1946 zur einstimmigen Verabschiedung des am Adenauer-Entwurf orientierten ersten CDU-Programms führte); vgl. Konrad Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 57-62. Druck des Neheim-Hüstener Programms: Dokumente zur Christlichen Demokratie, S. 174-176; Helmuth Pütz (Bearb.), Konrad Adenauer., S.131-135.