Rhöndorfer Ausgabe Online

8. Oktober 1945 (Köln)

An die Militär-Regierung der Nordrheinprovinz

StBKAH 08.02, ohne Anschrift beim Adressaten, ohne Anrede und Schlussformel; Abschrift an den Oberpräsidenten der Nordrheinprovinz (vgl. das Schreiben vom 11.11.1945)


Nr. 6 der Verfügung vom 6.10.45, durch die ich aus meinem Amte als Oberbürgermeister der Stadt Köln entlassen worden bin, lautet:

6. You will leave Cologne as soon as possible, and in any case not later than 14th October. 

Ich weiß nicht, ob ich nicht nur Köln als meinen Wohnsitz aufgeben muß, sondern auch darüber hinaus mich nicht besuchsweise in Köln aufhalten soll. Falls das letztere gemeint sein sollte, bitte ich, mir den besuchsweisen Aufenthalt in Köln für folgende Zwecke zu gestatten1:

1) Meine Frau ist infolge einer Vergiftung, die sie sich September 1944 im Gestapogefängnis Brauweiler zugezogen hat, ernsthaft erkrankt. Sie kann nur von einem besonderen Spezialisten behandelt werden, da es sich um einen sehr seltenen Krankheitsfall handelt, Erkrankung des Knochenmarks. Sie ist in Behandlung des Professors Uhlenbruck, Köln-Hohenlind. Ich bitte zu gestatten, daß ich meine Frau begleite, sie hat diese Begleitung nötig.

2) In der nationalsozialistischen Zeit bin ich wegen meiner politischen Einstellung durch die Stadt Köln und die deutsche Bank vermögensrechtlich sehr geschädigt. Zur Bereinigung dieser Angelegenheiten sind verschiedene Besprechungen mit meinem Rechtsanwalt und dem Vorsitzenden des für diese Sache in Aussicht genommenen Schiedsgerichtes in Köln nötig2.

Nr.10 der Verfügung lautet:

10. You will not indulge either directly or indirectly in any political activity whatever. 

Ich bin seit Beginn der Besatzung sowohl in Rhöndorf wie in Köln häufiger von englischen, amerikanischen, französischen Journalisten und Politikern aufgesucht worden, die meine Meinung über verschiedene Fragen, insbesondere auch die zukünftige Gestaltung Deutschlands, wissen wollten. Ich bitte um Mitteilung, ob ich in Zukunft derartige Gespräche nicht führen darf, weil sie unter die mir verbotene politische Betätigung fallen3.


  1. ^

    Unterstützt wurde Adenauer in diesem Punkt durch seinen Nachfolger Willy Suth, der am 12.10.1945 an die Kölner Militärregierung schrieb: »Ich möchte Sie daher bitten, sich mit der Militär-Regierung Düsseldorf in Verbindung zu setzen und mir mitzuteilen, ob es Herrn Dr. Adenauer angesichts dieser Umstände gestattet sein wird, nach Köln zurückzukommen oder in Köln zu bleiben, bis seine Gattin in der Lage ist zu reisen« (StBKAH 08.02). Am 20.10.1945 erteilte die Militärregierung Adenauer eine zeitlich begrenzte Einreiseerlaubnis nach Köln: »Express purpose of visiting his wife in hospital only«

  2. ^

    Vgl. das Schreiben An Friedrich Manstetten vom 11. 11.1945.

  3. ^

    ›Häufige‹ Kontakte zu ausländischen Journalisten konnten nicht nachgewiesen werden. Bekannt ist lediglich das am 10.7.1945 veröffentlichte UP-Interview, in dem Adenauer ausgeführt hatte, dass »für die politische Neuerziehung des deutschen Volkes ... bessere Informationsmöglichkeiten« unerlässlich seien, »schon um den wilden Gerüchten entgegenzutreten, die beim Ausbleiben regelmäßiger Nachrichten so leicht entstehen. Er habe daher die britischen Besatzungsbehörden gebeten, aus der Wochenzeitung ›Kölnischer Kurier‹ eine Tageszeitung für Köln zu machen«