Rhöndorfer Ausgabe Online

27. Juli 1946 (Rhöndorf)

An den Verleger der »Rheinischen Post«, Dr. Anton Betz

, Düsseldorf

StBKAH 08.53


Sehr geehrter Herr Betz!

Ich freue mich über Ihren Brief vom 22. d. Mts.1. Der von mir unterschriebene Brief vom 10.7.46 war, wie Sie wohl zwischen den Zeilen meines Briefes vom 18. d. Mts. gelesen haben werden, nicht meine Arbeit und nicht so ausgefallen, wie ich ihn gewünscht hätte2. Ich bedauere, wenn Sie durch ihn verletzt worden sind. Zur Sache selbst darf ich mir noch folgende Bemerkungen gestatten3:

Wir sind übereingekommen, die Diskussion über »christlichen Sozialismus« usw. bis nach den Wahlen zurückzustellen, um nicht während der Zeit der Wahlvorbereitungen den Anschein zu erwecken, als ob in unserer Union größere Differenzen bestünden. Tatsächlich handelt es sich lediglich um den Namen und nicht um die Sache selbst. Der Wirtschafts- und sozialpolitische Ausschuß des Landesvorstandes hat unter Leitung von Dr. Pferdmenges und Gockeln sozialpolitische Leitsätze verfaßt, die u. E. in gleicher Weise annehmbar sind für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber. Sie werden nach Prüfung im Zonenausschuß baldigst veröffentlicht werden.

Ihre Anregung, die Redaktion der Rheinischen Post an den wichtigsten Tagungen teilnehmen zu lassen, werde ich dem Zonenausschuß vorlegen. Ich stehe nicht an zu erklären, daß, wenn das Verhältnis zwischen der CDU-Presse und der Partei ganz allgemein gesprochen, bisher nicht so ist, wie es sein sollte, zum Teil daran auch eine gewisse Vernachlässigung unsererseits in der Unterrichtung der Presse schuld ist. Es ist schon in der letzten Sitzung des Zonenausschusses besprochen worden, diesen Übelstand zu beseitigen.

Warum Ihnen die Beschlüsse des Vorstandes des Zonenausschusses bis heute nicht zugegangen sind, werde ich feststellen.

Ich hoffe, daß ich Sie bald einmal mündlich sprechen kann, und bin
mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr sehr ergebener
(Adenauer)
 


  1. ^

    Betz hatte eine engere Zusammenarbeit mit der CDU als seine »Herzensangelegenheit« bezeichnet und der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass »Vorwürfe und Mißverständnisse« der Vergangenheit angehörten; vgl. die Schreiben an Karl Arnold vom 1.7.1946 sowie an Betz vom 1.7.1946 und 6.7.1946.

  2. ^

    Das Adenauer-Schreiben vom 10.7.1946 (gegen dessen »Schulmeisterei« Betz sich verwahrt hatte) konnte nicht nachgewiesen werden.

  3. ^

    Zum nachfolgenden – unter Verwendung dieses Briefes­ – Peter Hüttenberger, Nordrhein-Westfalen, S. 711.; Franz Focke, Sozialismus, S. 250 und Detlev Hüwel, Karl Arnold, S. 77.