Rhöndorfer Ausgabe Online

6. Juli 1946 (Köln)

An den Verleger der »Rheinischen Post«, Dr. Anton Betz

, Düsseldorf

StBKAH 08.57, ohne Ortsangabe beim Datum, nach Diktatzeichen »Dr. L./Ne.« und Bearbeitungsvermerken im Zonensekretariat Köln ausgefertigt; Abschrift (nach hs. Vermerk Löns) an Dr. Hans Schreiber und den Vorsitzenden der CDU-Düsseldorf


Sehr geehrter Herr Dr. Betz!

Schon seit Monaten wird über die farblose Haltung der Rheinischen Post heftige Klage geführt, die sich in letzter Zeit ganz besonders verstärkt hat1. Ich habe bislang davon abgesehen, mich erneut persönlich einzuschalten. Nachdem ich aber nun die Nummer 36 vom 3. Juli 1946 mit dem kümmerlichen Bericht über die Tagung des Zonenausschusses gesehen habe, muß ich mich an Sie wenden2. Die Tagungen des Zonenausschusses der CDU für die britische Zone als des Führungsorganes für die Partei haben eine besondere Bedeutung, die im politischen Leben nur verglichen werden kann mit den Parteitagungen der SPD in Hannover. Ihr Blatt räumt der letzten Zonentagung einen völlig unzureichenden Raum ein. Ich weiß nicht, ob es einer Zeitung, die von CDU-Mitgliedern gelesen werden soll, ansteht, der CDU-Zonentagung nicht mehr Raum zu gewähren als einem Artikel über Englands Beitrag zur Opernpflege oder noch weniger Raum als einem Artikel über die Angestelltenversicherungspflicht der Handwerker. Außerdem sind wesentliche Akzente aus meinem Referat offensichtlich bewußt unterschlagen worden, so auch meine Ausführungen über den Christlichen Sozialismus. Ich darf bemerken, daß dem Referat insofern eine besondere Bedeutung zukam, als es in allen Punkten durch einstimmigen Beschluß der Delegierten gebilligt wurde. Die gefaßten Beschlüsse sind überhaupt nicht erwähnt. Dabei hat Ihnen ein mit uns abgestimmter Bericht des CDU-Pressedienstes zur Verfügung gestanden.

Bei dieser Sachlage stehen wir in Düsseldorf vor der Tatsache, daß die CDU dort keine entsprechende Presse hat. Dies ist ein unerträglicher Zustand. Es ist ganz selbstverständlich, daß eine Partei der Presse als Mittel zur Meinungsbildung nicht entraten kann. Dabei ist notwendig, daß die Presse in der politischen Haltung den Intentionen der Parteileitung in einem gewissen Sinne folgt. Die sozialdemokratischen und kommunistischen Blätter verstehen dies offensichtlich ganz ausgezeichnet. Ich wäre Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Betz, sehr verbunden, wenn Sie Ihrer Redaktion entsprechende Vorstellungen machten3.

Ich bitte um Ihre Stellungnahme
Hochachtungsvoll
(Adenauer)
 


  1. ^

    Vgl. die Schreiben an Karl Arnold vom 1.7.1946, an den Chefredakteur der »Rheinischen Post« vom 1.7.1946 und an Anton Betz vom 27.7.1946. An die in diesem Zeitraum geführten Diskussionen über die parteipolitische Ausrichtung der ›Rheinischen Post‹ erinnert auch: Anton Betz, Begegnungen mit Adenauer, in: ›Rheinische Post‹ vom 12.10.1963.

  2. ^

    Hierzu und zum nachfolgenden ausführliche Hinweise bei Detlev Hüwel, Karl Arnold, S. 76. Zur CDU-Zonenausschusstagung in Neuenkirchen/Krs. Wiedenbrück (26.-28.6.1946) und der dort gehaltenen Adenauer-Rede – mit zentralen Aussagen zum »christlichen Sozialismus« – vgl. Helmuth Pütz (Hrsg.), Konrad Adenauer, S. 146-150.

  3. ^

    Mit seiner Antwort vom 12.7.1946 kündigte Betz für den folgenden Tag einen von Karl Arnold veranlassten, von Michael Rott verfassten zusätzlichen Artikel über die Zonenausschusstagung und besonders die Sozialismus-Thematik an; vgl. Detlev Hüwel, Karl Arnold.