Rhöndorfer Ausgabe Online
An Wilhelm Rahe
, Mönchen-GladbachStBKAH 07.11
Sehr geehrter Herr Rahe!
Auf die in Ihrem Briefe vom 18. d. Mts. gestellten Fragen1 erwidere ich folgendes:
Zu 1) Nachdem 4 Parteien, und zwar die SPD, KPD, Neues Zentrum und Demokraten übereinstimmend erklärt hatten, daß die Besetzung des Innenministeriums mit einem Angehörigen der CDU nicht infrage komme, und zwar seitens der SPD aus prinzipiellen Gründen, desgleichen seitens der KPD und seitens des Neuen Zentrums mit der Begründung, daß dessen Parteiführer Spiecker mehr Vertrauen zur SPD als zur CDU habe, konnte eine weitere Verhandlung für die CDU, die die stärkste Partei in Nordrhein-Westfalen ist, nicht mehr in Frage kommen.
Zu 2) Ich bin niemals mit De Gaulle irgendwie zusammengetroffen und habe auch nicht irgendwie mit ihm in Verbindung gestanden. Warum ich damals von den Engländern aus meinem Amte als Oberbürgermeister der Stadt Köln entlassen worden bin, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich vermute, daß sozialdemokratische Einflüsse daran beteiligt waren. In dem amtlichen Schriftstück hieß es, daß ich meine Pflichten gegen die Kölner Bevölkerung bezüglich Neuaufbau usw. nicht erfüllt habe. Herr Brigadier Bar[r]aclough in Düsseldorf hat mir einige Wochen später ausdrücklich erklärt, daß dies der wahre Grund sei.
Zu 3) Im Jahre 1933 haben die Nationalsozialisten eine sehr eingehende Untersuchung über mein Verhalten nach dem 1. Weltkrieg angestellt. Sie hofften, mich separatistischer Neigungen überführen zu können. Die Untersuchung wurde geführt vom Preußischen Innenministerium, dessen Leiter damals Göring2 war. Die Untersuchung hat völlig negativ geendet. Ich glaube, daß, wenn nur der Schatten einer solchen Tätigkeit nachzuweisen gewesen wäre, die Nationalsozialisten mit Freuden gegen mich vorgegangen wären.
Ich habe nichts dagegen, daß Sie von meinen Antworten in einer Ihnen geeignet erscheinenden Weise Gebrauch machen.
Als Mitglied der CDU Mönchen-Gladbach hatte sich Rahe mit folgenden Fragen an Adenauer gewandt; »1) Welche Gründe waren maßgebend dafür, daß die C.D.U. nicht in die Regierung Nordrhein-Westfalen eingetreten ist? 2) Stimmt es, daß Ihre persönliche Suspendierung als Oberbürgermeister erfolgt ist ›wegen‹ einer angeblichen Zusammenkunft mit de Gaulle in Maria Laach? 3) Was kann man antworten gegenüber einer Behauptung, Sie persönlich seien ›vorbelastet‹ durch Ihre Stellungnahme gegenüber der Rheinlandfrage nach dem ersten Weltkrieg?«; vgl. zu 1) die Aktennotiz über Gespräche zur Regierungsbildung durch Rudolf Amelunxen vom 19.8.1946, zu 2) die Schreiben an John K. Patterson vom 6.10.1945, an Robert Pferdmenges vom 6.10.1945, an Arthur Menge vom 12.11.1945 an Friedrich Manstetten vom 29.11.1945, zu 3) die Schreiben an Heinrich Weitz vom 31.10.1945 und an Walter Pickel vom 15.3.1947.
Nähere Angaben zum Verhalten Görings gegenüber Adenauer bei Rudolf Morsey, Adenauer und der Nationalsozialismus.