Konrad Adenauer mit Axel Springer im Verlagshochhaus in Hamburg 1957.

Axel Springer

* geboren 02.05.1912 in Altona (heute zu Hamburg)
† gestorben 22.09.1985 in Berlin (West)


Verleger, ev.

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Übersicht

Schlee-Realgymnasium
Ausbildung in der Setzerei des väterlichen Verlags "Hammerich und Lesser"; Druckerlehre; Volontariat in der Papierfabrik "Sieler & Vogel"
1931-1932 Volontariat in der Hamburger Filiale des Wolff'schen Telegraphen-Bureau
1932-1933 Volontariat bei der "Bergedorfer Zeitung"
1934-1937 Sport- und Wirtschaftsredakteur bei den "Altonaer Nachrichten"
1937-1941 Chef vom Dienst und stv. Chefredakteur des "Hamburger Neuesten Zeitung/Altonaer Nachrichten"
1941-1945 Redakteur mit beschränkter Zulassung und Verlagsbuchhändler
1946-1966 Buchverleger: "Nordwestdeutsche Hefte" (ab 1948 "Kristall")
1946 Gründung der Rundfunkprogramm-Zeitschrift "Hör zu"
1948 Gründung des "Hamburger Abendblatts"
1952 Gründung der "Bild"
1953 Übernahme der überregionalen Tageszeitung "Die Welt" und "Welt am Sonntag" sowie "Das Neue Blatt"
1956 Erste Ausgabe von "Bild am Sonntag"; Beteiligung an der Berliner Ullstein AG
1958 Besuch in Moskau, um dem sowjetischen Staatschef Nikita S. Chruschtschow seinen Plan von der Wiedervereinigung Deutschlands vorzulegen
1959 Gründung des Springer Auslandsdiensts; Übernahme der Mehrheit an der Ullstein AG mit den Tageszeitungen "B.Z." und "Berliner Morgenpost"
1961 Verkauf der Anteile an der Zeitschrift "Constanze" an den Verleger John Jahr
1964 Erwerb der Düsseldorfer Boulevardzeitung "Mittag" und des Münchner Verlages "Kindler & Schiermeyer"
1965 Erwerb der Jugend-Zeitschriften "Bravo", "twen" und der Sportillustrierten "Kicker"Erste Reise nach Israel, Spende von rund 3,6 Millionen D-Mark für das Israel Museum
1966 Gründung der Zeitschrift "Eltern"
1967 Verlagerung des Hauptsitzes der Holding Axel Springer Verlag GmbH von Hamburg nach Berlin (West); Erwerb der TV-Zeitschrift "Funk Uhr"Unter der Parole "Enteignet Springer" beginnen Studentenproteste gegen den Verlag und seinen Besitzer. Auch die literarische "Gruppe 47" stellt sich öffentlich gegen den Verlag.Die Boulevardzeitschrift "Mittag" wird eingestellt.Veröffentlichung der vier Grundsätze, die fortan für alle Redakteure seines Hauses bindend sind: 1. Eintreten für die Wiedervereinigung Deutschlands. 2. Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden. 3. Ablehnung jeglicher Art von politischem Totalitarismus. 4. Verteidigung der Sozialen Marktwirtschaft. Um die Nichtanerkennung der DDR als zweiten deutschen Staat zu betonen, wird in den Springer-Zeitungen der Begriff DDR in Anführungsstrichen geschrieben.
1968 Verkauf der Zeitschriften "Das Neue Blatt", "Jasmin", "Eltern", "Bravo", "twen" und "Kicker"
1970 In der "Axel Springer Verlag AG" werden die bisherigen Gesellschaften des Unternehmens, Ullstein, Hammerich & Lesser und Axel Springer & Sohn, zusammengefasst. Springer wird Alleinaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender. Erwerb von verschiedenen Regionalblättern wie der "Bergedorfer Zeitung" und der "Lübecker Nachrichten"
1972 Bombenanschlag der Rote Armee Fraktion auf das Hamburger Springer-Hochhaus; 17 Mitarbeiter verletzt
1973 August: Brandanschlag auf Springers Gästehaus in KampenEinweihung der größten Offsetdruckerei Europas
1974 Gründung der Zeitschrift "Kontinent"
1975 Brandanschlag auf Springers Chalet in Gstaad/Schweiz
1976 Neugründung von Spezialzeitschriften wie "Musikjoker","Tennis Magazin" und "Ski-Magazin"; Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an der Münchner Zeitungs-Verlag GmbH & Co KG. Die Übernahme der Mehrheit scheitert am Einspruch des Bundeskartellamts
1978 Start der Frauenzeitschrift "Journal für die Frau"Erster Träger der Leo-Baeck-Medaille
1983 Burda erwirbt nach Zustimmung des Kartellamtes 24,9 Prozent des Springer-Verlages. Erstmaliges Erscheinen der Zeitschriften "Bild der Frau" und "Bildwoche"Auszeichnung mit dem Titel "Bewahrer Jerusalems" als erster Deutscher
1985 Beginn der Veräußerung von 49 Prozent des Aktienkapitals des Springer-Verlages

„Es waren aber ganz gute Gedanken dabei“, unterrichtete Konrad Adenauer am 9. September 1960 Kanzleramtschef Hans Globke über einen Ideenaustausch zur Deutschlandpolitik mit Axel Springer in Cadenabbia. Es hatte eine Weile gedauert, bis Adenauer dem Verleger einen Verständigungsversuch mit Moskau im Januar 1958 verziehen hatte, mit dem Springer seine Westbindungspolitik zu umgehen versuchte. Seit dem Chruschtschow-Ultimatum im November desselben Jahres hatten sich Adenauer und Springer aber angenähert, und die Verbindung hielt bis zu Adenauers Tod. Getragen wurde sie von der Sorge über das Schicksal der 17 Millionen Deutschen jenseits des Eisernen Vorhangs.

Der Gründungskanzler der Bundesrepublik Deutschland und der wohl am meisten polarisierende Verleger des Landes trafen sich erstmals im April 1953 auf dem CDU-Parteitag in Hamburg. Es folgten zahlreiche weitere Treffen, bei denen die beiden immer vertrauter miteinander wurden. Zudem zeugen mehr als 80 Briefe von einer hohen Anerkennung des Gegenübers. Dass Adenauer Springer in einem posthum veröffentlichten Interview kurz vor dem Ende seiner Kanzlerschaft als denjenigen bezeichnete, der seine Politik „am durchschlagendsten“ weiter umsetzen würde, konnte 1953 aber noch keiner der Beteiligten ahnen.

Springer, Hamburg und DIE WELT

Axel Springer wurde am 2. Mai 1912 in Hamburg geboren. Das Handwerk des Zeitungsverlegers lernte er von der Pike auf – zunächst als Setzer und Drucker im Verlag des Vaters und später als Volontär in einer Nachrichtenagentur. 1933 kehrte er zu den Altonaer Nachrichten (später Hamburger Neueste Zeitung) des Vaters zurück und stieg bis zum stellvertretenden Chefredakteur auf. Das Blatt wurde 1941 von den Nationalsozialisten verboten. Politisch fiel Springer, der aus gesundheitlichen Gründen nicht an die Front musste, in der Zeit des Nationalsozialismus wenig auf. Nach dem Krieg galt er als unbescholten und startete eine beispiellose Karriere als Verleger. Im Jahr 1952 erschien die erste Ausgabe der Boulevardzeitung Bild, die den Aufstieg und die Kontroversen um den „Verlag Axel Springer“ in den kommenden Jahrzehnten bestimmen sollte.

Politisch stand Springer dem Hamburger SPD-Bürgermeister Max Brauer nahe, mit dem ihn auch eine persönliche Freundschaft verband. Die Hinwendung zum sogenannten Bürgermeisterflügel der SPD sollte sich später in Berlin in der Person Willy Brandts fortsetzen. Brauer und Brandt standen bereits in den frühen 1950er Jahren für eine klare Westbindung der Bundesrepublik Deutschland sowie das von Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard etablierte Wirtschaftssystem der Sozialen Marktwirtschaft. Sie waren ihrer Partei damit um einige Jahre voraus, da diese sich erst 1958 im Godesberger Programm zu diesen Grundsätzen bekannte. Springer war klug genug, sich politisch nicht festlegen zu lassen, und suchte im Frühjahr 1953 gezielt die Nähe zu dem bei den Alliierten einflussreichen Bundeskanzler. Der Verleger hatte sich als einer von 16 Interessenten für die Übernahme der einst von der britischen Militärregierung gegründeten Zeitung Die Welt beworben. Und tatsächlich zeigte sich Adenauer beeindruckt von dem jungen Zeitungsmann und sprach sich bei der Hohen Kommission für Springer aus, der den Zuschlag schließlich erhielt.

Springer bei Chruschtschow, Adenauer ist verärgert

Adenauer erwartete ohne Frage, dass nach seiner Fürsprache bei den Briten Springers Zeitungen die Politik des Kanzlers fortan wohlwollend begleiten würden. Gerade in Fragen der Außenpolitik sollte er in den kommenden Jahren diesbezüglich aber das eine oder andere Mal enttäuscht werden. So gab es in der Welt Platz für Kommentatoren wie Paul Sethe, der die Westbindung als ein Hindernis auf dem Weg zur Wiedervereinigung betrachtete. Ähnlich ist der langjährige Chefredakteur der Welt, Hans Zehrer, zu verorten. Zehrer war eine umstrittene Persönlichkeit der Nachkriegszeit, da ihm – nicht zu Unrecht – die Unterstützung nationalistischen Denkens in der Weimarer Republik vor der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten nachgesagt wurde. Während des „Dritten Reichs“ zog er sich nach Sylt zurück und machte dort die Bekanntschaft des jungen Axel Springers. Dieser war vor allem fasziniert von der mythischen Esoterik Zehrers. Ein Jahrzehnt später holte er den väterlichen Freund zur Welt.

Zehrer setzte sich für eine kooperative „realistische“ Politik gegenüber der Sowjetunion ein und beeinflusste Springer in dieser Hinsicht. Höhepunkt der Avancen war ein Besuch der beiden bei Nikita Chruschtschow im Januar 1958, der nicht weniger als die Lösung der Deutschen Frage zum Ziel hatte. Adenauer zeigte sich verärgert über die Initiative. Der Kreml-Chef aber nahm Springer und Zehrer nicht ernst. Springer musste seine Hybris erkennen und begann umzudenken. Er näherte sich den außenpolitischen Positionen der Regierung Adenauer an. Dabei spielte sicherlich auch das von Chruschtschow verhängte Ultimatum über Berlin eine nicht zu unterschätzende Rolle. Adenauer begrüßte diesen Wandel Springers, und so setzte ein bis zum Tod Adenauers ununterbrochener Gedankenaustausch zwischen ihnen ein.

Spannung und Zuneigung

Die zu Beginn der zweiten Berlin-Krise geformte Allianz zwischen Adenauer und Springer war nach dem Mauerbau 1961 einer großen Belastungsprobe ausgesetzt. Springer erwartete vom Kanzler schnelle und klare Antworten. Adenauer warnte jedoch vor impulsiven und nervösen Reaktionen. In einem Schreiben an Springer kurz nach dem 13. August 1961 kritisierte er zudem die Schlagzeile der Bild-Zeitung „Adenauer schimpft auf Brandt“. Für Springer war jedoch klar, dass die zögernde Politik des Westens die herrschende Nervosität zwischen den Supermächten in Berlin überhaupt erst verursacht hatte. Ihren Tiefpunkt erreichte die Auseinandersetzung, als Springer am 17. August 1961 ein Gespräch mit Adenauer in Bonn wutentbrannt abbrach, nachdem der Kanzler Berichte in den Springer-Zeitungen als Auslöser der jüngsten Flüchtlingsströme aus der DDR bezeichnet hatte. Die Zunahme der Flüchtlingszahlen gilt heute als einer der Gründe Mauerbaus.

Lange dauerte das Zerwürfnis allerdings nicht. Die beiden waren sich darin einig, dass es notwendig war, das deutsch-amerikanische Verhältnis zu reparieren. In den kommenden Jahren gingen die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den USA in ihre bis dahin schwierigste Phase. Sowohl für Adenauer als auch für Springer war das Verhältnis zu den USA weniger politischer, als ideeller Natur. Es war für sie Teil der bundesrepublikanischen Staatsräson. Der Respekt Springers vor dem Gründungskanzler kann daher durch eine Formulierung auf den Punkt gebracht werden, die der Verleger selbst als Beschreibung seines Verlages bei einer Rede im Übersee-Club Hamburg im Jahre 1967 verwendete: „Dieses Haus, das meinen Namen trägt, steht weder links noch rechts. Eine einzige politische Grundhaltung setzen wir bei allen journalistischen Mitarbeitern unseres Hauses voraus. Es ist Staatsloyalität – nicht Regierungsloyalität.“ Den Begriff hatte Springer von dem Fernsehjournalisten Matthias Walden übernommen, der später Leitartikler sowie Mitherausgeber der Welt werden sollte. Gemeint war eine „auf den Grundlagen der Verfassung beruhende Staatsbejahung“, wie es der Springer-Vertraute Ernst Cramer einige Jahre später zusammenfasste. Konrad Adenauer war für Springer die Verkörperung der Staatsloyalität und das erklärt seine, wenn auch spät gefasste, Zuneigung zu dem CDU-Politiker.

Gekoppelt an den Begriff der Staatsloyalität war ein grundlegendes Verständnis einer Politik, die stets den Gewinn von Freiheit zum Ziel hatte. In dieser Perspektive trafen sich Springer und Adenauer auch in der Deutschlandpolitik. Ein geteiltes Deutschland als Folge des Zweiten Weltkrieges hätte akzeptiert werden können. Doch in beiden Teilen mussten die Menschen politisch frei sein. Darum ging es. Die Wiedervereinigung wäre unter diesen Bedingungen ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen, glaubte Springer. In der Arkan-Abteilung des Kanzleramtes sah man dies ganz ähnlich und arbeitete Pläne für die sogenannte Österreich-Lösung für die DDR aus. Auch wenn die politische Realität solche Gedanken bald einholte, stehen sie für die Verbindung dieser beiden Männer.

Historische Größe

Axel Springer wurde – das ist bekannt – nach dem Rücktritt Konrad Adenauers im Oktober 1963 nicht dessen Nachfolger im Kanzleramt. Auch der Kanzler nahm das Angebot des Verlegers, regelmäßig als Kolumnist in der Welt zu schreiben, nicht an. Das gute Verhältnis der beiden hielt jedoch bis zum Tod Adenauers 1967. Es scheint, als ob Springers fortan häufig vorgebrachte Klage über das politische Mittelmaß der deutschen Politik mit dem Abtritt Adenauers zusammenhing. Aus seiner Sicht war damit auch die historische Größe aus der bundesdeutschen Politik verschwunden. Tief enttäuscht zeigte er sich vor allem über Willy Brandt, dem er seinen Wandel vom Kalten Krieger in Berlin zum Entspannungspolitiker in Bonn nicht verzeihen konnte. Die Zeitungen des Verlages positionierten sich in der Folge gegen die Neue Ostpolitik der sozial-liberalen Regierung und – mit Abstrichen – deren realpolitische Fortführung unter Helmut Schmidt. Die Einheit Deutschlands in Freiheit erlebte auch Axel Springer nicht mehr. Er starb im September 1985 und hinterließ eines der größten Zeitungshäuser der Welt.

  • Jürgs, Michael: Mystiker auf Sylt. Axel Springer und Hans Zehrer, in: Lutz Hachmeister/Friedmann Siering (Hrsg.): Die Herren Journalisten. Die Elite der deutschen Presse nach 1945, München 2002, S. 196–212.
  • Keil, Lars-Broder: Es gilt das freie Wort: Es gilt das freie Wort – Axel Springer SE, abgerufen am 4.2.2022.
  • Köhler, Henning: Adenauer. Eine politische Biographie, Frankfurt am Main 1994.
  • Schwarz, Hans-Peter: Adenauer. Der Staatsmann: 1952–1967, Stuttgart 1991.
  • Schwarz, Hans-Peter: Konrad Adenauer und Axel Springer, in: Tilman Mayer (Hrsg.): Medienmacht und Öffentlichkeit in der Ära Adenauer. Rhöndorfer Gespräche 23, Bonn 2009, S. 21–34.
  • Schwarz, Hans-Peter: Axel Springer. Die Biographie, Berlin 2009.
  • Walden, Matthias: Statt eines Vorwortes. Wer ist Axel Springer?, in: Axel Springer (Hrsg.): Aus Sorge um Deutschland. Zeugnisse eines engagierten Berliners, Stuttgart 1980, S. 13–22.

Nils Lange